Training, jap: KEIKO

Keiko (稽古) und Shugyō (修行)


Das Training in den Kampfkünsten ist nicht nur ein Hobby oder ein profaner Zeitvertreib. Natürlich ist jedem selbst überlassen, wie "ernst" er/sie das nimmt. Falls jemand in die Tiefe dringen möchte, hier ein paar Worte über "Training". In Japan gibt es für manche Worte unterschiedliche Inhalte. "Chi" zum Beispiel kann Vier oder Tod bedeuten. Für "Training" haben die Japaner gleich sechs Wörter mit sechs Inhalten, die aber sich alle aufs Training beziehen. Jedes der Bedeutungen führt zu anderen, tieferen Inhalten. Es beginnt mit

 

Keiko - dem ernsthaften Training. Keiko (稽古) hat zwei Kanji, das erste kei (稽) bedeutet „denken oder erwägen“. Das zweite, ko (古) bedeutet alt. Das gleiche Ko wie in Koryū (古流). Natürlich wird niemand bestreiten, dass jemand, der im Gym auf einem Fahrrad 20 km abstrampelt, nicht ernsthaft arbeitet. Dennoch ist der Rahmen begrenzt. Beginn, Ende, Durchhalten, gleichmäßiges Tempo, Pulskontrolle, Atemkontrolle. Das ist schon ziemlich ernstaft. Aber das ist hier nicht gemeint. Keiko im fernöstlichen Sinne, beinhaltet sehr viel mehr. Wenn wir Keiko praktizieren, verfeinern und berücksichtigen wir die Dinge, die vor uns waren; die Lehren. Gehen wir zum Beispiel zur nächsten Stufe:

Renshu – Ausbildung - umfasst das logischerweise eine ganz andere Bandbreite, und das muss auch so sein.

Kunren – Disziplin - die nächste Stufe, baut wieder ein Puzzleteil hinzu.

Tanren - Schmieden - ist die Vereinigung körperlicher Schinderei mit geistiger Diszilpin, schon fast an Selbstgeisselung grnzend.

Kufu – mit dem ganzen Wesen darum kämpfen, ein Problem zu lösen.

Shugyō – die tiefste, spirituelle Selbstdisziplin. Shugyō (修行) ist ein japanisches Wort, für das es hier keine Entsprechung gibt. Shugyō besteht ebenfalls aus zwei Kanji. Shu (修) bedeutet asketische Praktiken oder Disziplin. Und gyō (行), was Reise oder gehen oder führen bedeutet. Im Zen und in den Kampfkünsten wird Shugyō oft einfach als die höchste Stufe des körperlichen und geistigen Trainings definiert. Wenngleich Keiko sich eher auf technische Aspekte, Formen oder Präzision bemüht, ist Shugyō extrem. Shugyō ist eine Kampfdisziplin zur Selbstdisziplin, Selbstprüfung, Selbstfindung und kontinuierlichen Selbstkorrektur hin zu Exzellenz in allem, was wir tun. Shugyō ist ein nie endender, fortlaufender Prozess, bei dem man jeden Tag achtsam mit Absicht und Intensität lebt und trainiert. Der Alltag ist unser wahres Keiko und Shugyõ. Shugyō ist der Prozess, nicht der Inhalt.


Ein typisches Training

Iaidō

 

 

  Ki Ken Tai Ichi
(Einssein von Geist (Ki), Schwert (Ken) und Tai (Körper)

 

1. Grundsätzliches

 

Anfänger trainieren zunächst ohne die traditionelle Iaidō-Kleidung Hadagi, Gi, Obi und Hakama), die sehr an die Bekleidung Samurai erinnert. Einfache Trainingskleidung reicht zu Beginn vollkommen aus. Ein Holzschwert, genannt "Bokken" oder "Bokuto" reicht als Übungsschwert für den Anfang. Jedes Dōjō hat sicherlich ausreichend Bokken für Anfänger  parat, so dass sich Anfänger nicht gleich in Kosten stürzen müssen. Am wichtigsten für Anfänger ist, sich sswm Knieschoner zu kaufen, da die meisten Kata im Sitzen erfolgen. Ob und wie, bei wem sich der fortgeschrittene Anfänger einkleiden sollte, wird von den Anderen oder den Übungsleitern gern weitergegeben. Merke: Nicht alles, was gut aussieht, ist auch praktikabel. Zanshin Kai empfiehlt auf jeden Fall "Iaido24", da gibt es so genannte Starterkits für wenig Geld, die recht gut passen. "Seidoshop", "Ninecircles", "TONBO" oder "Tozando". Wer nicht unbedingt auf den Cent schauen muss, kann sich auch Kleidung auf Maß fertigen lassen. Und zwar bei "All Japan Budogu". Das allerdings ist schon kostspielig und sollte erst dann erfolgen, wenn man sich sicher ist, dabei zu bleiben.

 

 

2. Erste Schritte

 

Selbst versierte Sportler sind überrascht, welche Muskelgruppen im Iaidō angesprochen werden. Das Training beginnt damit, sich aufzuwärmen. Ganz besonders Zehen, Fußgelenke, Rücken, Nacken und Handgelenke. Dann übt man Schritte und in der Folge Schnitte. Basis des Erlernens des Schwertumgangs sind Kata, das sind Kämpfe gegen imaginäre bzw. vorgestellte Gegner mit festgelegtem Ablauf. Dabei durchlebt man Szenarien, die mögliche Angriffe und die Reaktionen darauf simulieren.Die Kata selbst bilden ehemals reale Kampfsituationen der Samurai nach. Da es viele Schwertschulen gibt und gab, einigte man sich (AJKF) nach dem Krieg, als das Tragen von Schwertern wieder erlaubt wurde, darauf, eine Art "Basis-Set" zugrunde zu legen, um in Wettkampf und Prüfung ein vergleichbares und bewertbares Fundament zu haben, das fair und ausgewogen ist. Dafür wurden aus den größten Schulen Kata entnommen, die für das so entstandene Kata - Set angepasst wurde. Man nannte es damals "Seitei - Iai", sinngemäß übersetzt: Der Beginn. Es bestand aus sieben Kata aus den Stilrichtungen Omori ryu und Eisshin ryu. 1968 wurde es um drei Kata ergänzt und im Jahre 2000 um weitere zwei Kata.
Als die drei Hanshi der AJKF Delegation auf der Europameisterschaft 2018 verkündeten, dass "Seitei" fortan nicht mehr verwendet werden soll, wurde es ersetzt durch ZenKenRen Iai oder Renmei Iai. Dieser Schritt allerdings fällt vielen schwer.

Hat man die Basis erlernt, öffnet sich ein weites Feld an Formen, die immer höhere Ansprüche stellen. Somit ist Iaidō eine Aufgabe für das ganze Leben, weil Timing, Technik, Präzision und „Semme“, der mentale Druck, fortlaufend geübt und verbessert werden. Die Kata im Iaidō, der Kunst, das Schwert zu ziehen, besteht im wesentlichen aus vier Elementen:

 

- Nukitsuke -

 

Ziehen und schneiden in der Art, dass der Angriff sofort beherrscht und abgewehrt wird.
- Kiritsuke -

 

Weitere Schnitte, um den Gegner endgültig zu besiegen.
- Chiburi -

 

Das traditionell - rituelle "Abschlagen des Blutes".
- Nōtō -
Das Zurückführen des Schwertes in die Schwertscheide (Saya).

 

 Im Iaidō gibt es verschiedene Stile. Der im Zanshin Kai gelehrte Stil nennt sich "Muso Shinden Ryu". Typisch für das beginnende Training ist, dass man zunächst die Basisformen des ZNKR (Zen Nihon Kendo Renmei), kurz: ZenKenRen, lernt. Näheres hierzu unter "Glossar". Die Bewegungsabläufe sind schnell gelernt, die Formen sind jedoch mit Leben zu füllen, mit Energie, Präzision, Überzeugungskraft und Eleganz. Das erfordert geduldiges Üben mit der Freude an den kleinen Fortschritten in jeder Trainingsstunde. Die Leichtigkeit, mit der unsere Großmeister uns immer wieder verblüffen, braucht beständiges, jahrelanges Training. Hat man die Basisformen verinnerlicht, werden höhere Kata gelehrt: Shoden, Chuden und Okuden bezeichnen die drei im Muso Shinden Ryu praktizierten Level an Kata der alten, von den Samurai überlieferten Szenarien.

"Warum schwitzen die eigentlich so, die machen doch kaum etwas?", „Schwert-Balett“ oder „Schwert rein, Schwert raus“, wie oft hört man das. Iaidō ist nicht nur ein Sport, der  Gleichgewicht, Balance, Reaktionsvermögen, Schnellkraft und mentale Stärke schult, Iaidō ist Kampfkunst. Natürlich ist die körperliche Ent­wick­lung die Grundlage in allen Kampfkünsten. Durch die Absenz eines realen Gegners wird die Fähigkeit zur Imagination geschult. Somit entwickelt Iaidō Körper und Geist. In Japan gilt Iaidō als eine "höhere" Form der Kampfkunst. 

 

Iaidō besteht im wesentlichen aus drei Säulen:

 

- Keiko (ernsthaftes Training)

- Shinza (Prüfung)

- Taikai (Wettkampf)

 

Alle drei Bausteinne bauen aufeinander auf. Shinza beinhaltet logischwerweise Training. Eine besonders intensive Form des Trainings ist der Wettkampf, jap.: Taikai. Die höchste Form der Ehre für Schüler, seinem Sensei und dem Dōjō.

Wichtig für ein Leben im Dōjō sind auch die Regeln. Nicht nur die allgemeinen, selbstverständlichen Regeln wie Pünktlichkeit, Höflichkeit, Sauberkeit und allgemeine Etikette. Wir schulen auch den Charakter und arbeiten daran, uns zu verbessern. Dabei hilft das Dōjōkun und das Go Do Shin, siehe unten. Beide Richtlinien gelten ebenso für Karate (Rechts).

 

Karate

 

 

Shin Gi Tai

(Einssein von Geist, Technik und Körper)

 

 

 

Was erwartet mich? In den Abläufen der Trainingseinheiten gibt es durchaus Unterschiede. Im Gegensatz zu den reinen Selbstverteidigungssportarten ist das Training im traditionellen Karate dō umfassender und weniger zielgerichtet. Neben dem reinen erlernen des Karate wahren wir ausserdem die Tradition und die Kultur. Je nach Verein, Stilrichtung oder Zweck variiert das Training, selbst innerhalb eines Vereines unterscheiden sich die Einheiten. Zum Beispiel vor Prüfungen, Embukai (Aufführungen) oder Wettkämpfen. Aus diesem Grunde sollen hier nur die allgemeinen Übungseinheiten dargestellt werden.Im wesentlichen besteht das Training aus drei Einheiten:

 

 

- Kihon (Basistechniken)

- Kata (Formen)

- Kumite (Kampf)

 

 

 

 

Teil 1: Die Begrüßung oder "Reihō"

 

Zunächst gilt es zu beachten, dass man sich beim betreten und verlassen der Trainingshalle (Dōjō) in der Tür kurz verneigt. In der Regel in Richtung Shōmen (Schrein oder Bild des Gründers der jeweiligen Stilrichtung), auf Meisterschaften oder Seminaren zur Fahne. Das soll den Respekt gegenüber der Trainingshalle und den bereits anwesenden Karateka bezeugen.  Wichtig ist zu wissen, dass in Japan eine Wohnung, ein Haus oder ein Dōjō niemals mit Schuhen betreten wird. Auch das ist eine Respektsbezeugung.
Das eigentliche Begrüßen, das Reihō, erfolgt auf die traditionelle japanische Art, wie sie bei fast allen japanischen Kampfsportarten anzutreffen ist. Der Ablauf kann minimal variieren, was der entspechenden Kampfkunst geschuldet ist. Falls man sich nicht auskennt: Immer den Nachbarn imitieren, so gut es geht. Eine Erklärung der Trainingsleiter (Sensei oder Sempai) folgt alsbald.
Wenn der Sensei das Zeichen gibt, zu beginnen, stellen sich alle Schüler in einer Linie auf. In der Regel steht der Sensei vor dem Schrein/Sōke/Shōmen, die Schüler stehen vis a vis gegenüber. Und zwar der Höchstgraduierte in Blickrichtung rechts von Shōmen, nach Links in absteigender Reihenfolge der Gürtelfarben. Das bedeutet: Anfänger stehen ganz Links. Der Höchstgraduierte nach dem Sensei (Sempai) gilt quasi als der Wortführer. Der/die Sensei dreht sich zu Shōmen und kniet sich hin, der Sempai gibt laut "Seiza!" von sich, woraufhin sich alle Schüler, inklusive Sempai, ebenfalls hinknien.
Daraufhin sagt der Sempai „Mokusō!“, woraufhin alle im Dōjō kurz meditieren, sprich: Sich von Alltagsgedanken befreien, um fröhlich und konzentriert trainieren zu können. "Mokusō yame!" beendet die Meditation, es folgt das Kommando: "Shinzen ni rei", woraufhin sich alle in Richtung Shōmen veneigen. Anschließend kommt: "Sensei ni rei", der Gruß an den/die Sensei, wiederum eine Verneigung als Zeichen des Respektes. Die Schüler antworten mit "Onegai shimasu!", was soviel bedeutet wie: "Ich bitte um Unterweisung". Zum Schluss sagt der Sempai: "Otaga ni rei!", Gruß unter allen Trainingsteilnehmern, wiederum gefolgt von allen: "Onegai shimasu!". Das letzte Kommando lautet: "Kiritsu!" (Aufstehen), dann beginnt


Teil 2: Die Aufwärmphase

 

Die Aufwärmphase beginnt langsam mit Laufübungen und sanftem Dehnen. Die Taktzahl wird beständig gesteigert, so dass so viele Muskelgruppen wie möglich beansprucht, gefordert, gedehnt und gestärkt werden, ohne der Körper zu überlasten. Bitte nicht verkennen: Karate ist ein Hochleistungssport, die jeweiligen Grenzen der Belastbarkeit werden beständig ausgetestet und erweitert. Es folgt:

 

Teil 3: Kihon (Grundschule)

 

Die Grundschule, Kihon, lehrt alle Techniken wie Schläge, Abwehrtechniken, Tritte, Stände und einfache Abläufe, wie Angriff/Abwehr. Dieser Teil nimmt einen erheblichen Teil des Trainings e


Teil 4: Kumite

 

Das Kumite ist eine Erweiterung der Kihon - Partnerübungen. Anfangs übt man zu Zweit, ein Partner greift verabredet an, der andere wehrt ab, das Ganze in drei Einzeoschritten. Man nennt das Sanbon - Kumite oder Rensoku waza. Der Schwierigkeitsgrad wird fortwährend gesteigert, bis ein Level erreicht ist, wo der Angreifer frei seinen Angriff wählen kann, der Partner entsprechend abwehren muss. Das gleicht fast einem Freikampf, der nächsten Stufe.

 

Teil 5: Kata

 

Als Kata bezeichnet man eine fest vorgeschriebene, meist symmetrisch verlaufende Übungform gegen mehrere imaginäre Gegner. Mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad werden die Techniken komplexer und die Bewegungabläufe asynchroner. Für Anfänger scheinen diese Formen eher nutzlos und undurchsichtig.  Einfachste Grundformen wie "Shihon Tsuki Ipponme" sollen die Anfänger daran gewöhnen, gewissen geometrische Formen mit diversen Techniken zu verbinden. Quasi als Vorform einer Kata.

 

Teil 6: Bunkai

 

Unverzichtbar, gerade zum Kata-Training ist das Bunkai, d.h. die Anwendungen zur Form. Sie wird zunächst zu Zweit geübt, anschließend in der Gruppe mit mehreren Angreifern. Bunkai ist deswegen wichtig, weil die gezeigten Techniken in den Kata nicht immer klar erkennbar sind. Um die Kata, bzw. die Technik zu verstehen, ist die Anwendung unverzichtbar.

 

Teil 7: Freikampf

 

Freikampf ist eine diffizile Sache und wird in der Regel erst ausgeführt, wenn die Anfänger ein gewisses Niveau erreicht haben. Das ist wichtig, weil ein Freikampf hohes Verletzungspotezial birgt. Daher soll der ins Training eingebettete Freikampf kein echter Kampf (z.B. für Wettbewerbe) sein, sondern eher eine Art herantasten an die eigenen Möglichkeiten, das Erkennen des Gegenübers, das Ausspähen von folgenden Aktionen. All das aber sorgsam und mit dem entsprechenden Respekt. Der Freikampf im Dōjō ist keine echte Vorbereitung auf den Ernstfall, er soll nur den Trainierenden "stressen", sodass er/sie im Ernstfall einen kühlen Kopf bewahrt. Im Karate gilt: "Nicht der gewinnt den Kampf , der schneller ist, die bessere Technik beherrscht oder den größten Erfahrungsschatz hat. Es gewinnt immer der mit dem kühlsten Kopf".

Teil 8: Trainingsende und Reihō

 

Ist das Training beendet, werden Dehnübungen ausgeführt, damit die Muskaln Zeit haben, sich zu entspannen und "abzudehnen". Macht man regelmäßig viele Trainingseinheiten, kann es sein, dass Muskeln sich verkürzen und zu erhöhter Krampfgefahr neigen, das soll verhindert werden. Im Anschluss wird das "Reihō" ausgeführt und das Training beendet. In Japan ist es üblich, dass der jüngste Schüler (egal welchen Alters) am Ende des Trainings den Hallenboden reinigt. Das ist eine schöne Tradition, der wir uns alle unterwerfen, was aber manchmalö nicht praktikabel ist, wenn z.B. die nächste Gruppe bereits wartet.

 

Eine Auswahl der fünf bedeutendsten Karate-Stile findet ihr hier:

https://www.budo-osnabrueck.de/dōjōs/karate/