Kōri no shinzō - 氷の心

Kōri no shinzō, jap: 氷の心,  das Eisherz oder: Herz aus Eis. Der Hintergrund des Schwertes: Kyokushinkai. Meine erste Karate-Stilrichtung. Hauptrichtung: Vollkontakt. Kyokushinkai heißt: Die letzte (ultimative) Wahrheit. Bedeutung: Wenn du an einem Punkt bist, an dem du weißt, dass dein Leben am Ende ist, erlangst du das Wissen um die letzte Wahrheit. Zumindest für einen Wimpernschlag. Ichi go ichi e. Sicherlich, ein Schwert ist ein Ding aus Eisen und Holz. Töten kann nur ein Herz aus Eis. Kalt und unnachgiebig. Unbarmherzig in der Konsequenz. Es gibt viele berühmte Schwerter. Alle haben einen Namen. Zum Beispiel:

 

- Kusanagi no tsuguri (Das Grasmähende)

- Kogarasu maru ( Kleine Krähe)

- Onimaru kunitsuba (Das Dämonenschwert)

- Juzumaru Tsunetsugu ( Das Rosenkranzschwert)

- Ko-kitsune-maru (Kleiner Fuchs)

 

Beim Iaidō, dem traditionellen, japanischen Schwertkampf, tragen die Iaidōka die in Japan übliche Trainingsbekleidung: Keiko-Gi, Obi und Hakama. Anders als zum Beispiel im Aikidō tragen die Iaidōka nur einfarbige Bekleidung. Vorherrschende Farbe ist Schwarz, nur ca. 8 - 10 % der Iaidōka tragen Weiß. Das Urproblem der Weißen ist eben, dass das Schwert inklusive sageo, immer Schwarz, Bläulich, Braun oder Grün ist. Ganz, ganz selten ist einmal eine Tsuka - ito in Weiß dabei, aber niemals Katana in komplett Weiß, was zur Bekleidung passen würde. Ich legte mir eine weiße Trainingsbekleidung zu. Der Grund ist, dass die Samurai so leben, als wären sie schon tot. Und Weiß ist die Farbe des Todes in Japan. Ein Kämpfer in Weiß ist also eine eindeutige Botschaft: Ich habe keine Angst, zu sterben. So entstand das Projekt: Weiß.

Thomas Purwin vom AMTV Hamburg ist der Schmied meines Vertrauens, Elmar Plank der Mann für Gewobenes. Ihnen trug ich mein Ansinnen vor und so setzten wir es um:

Die Klinge (von Thomas purwin)

habaki (Thomas Purwin)

Das Habaki (Klingenzwinke) ist das Bindeglied zwischen Klinge und tsuka (Griff). Preiswerte Habaki sind aus Messing gefertigt, aufwändigere aus Kupfer oder sogar Silber. Es gibt verzierte Habaki, das ist aber nicht die Regel. Das Habaki dient der Krafteinleitung aus der Klinge in den Griff und ist eminent wichtig. Wenn der Kraftschluss nicht aufgebaut werden kann, kann kein Schnitt erfolgen und die Übung ist nichts wert. Ferner ist das Habaki dafür verantwortlich, dass das Schwert sauber in der Saya sitzt. Es darf weder festklemmen, noch beim vornüberbeugen herausrutschen. Da Menschen instinktiv nach einem fallenden oder rutschenden Gegenstand greifen, sind schwere Schnittverletzungen die Folge. Und wer will das schon?

Bilder Copyright by Thomas Purwin

seppa (Thomas Purwin)

Seppa sind weit mehr als "Unterlegscheiben" und werden grundsätzlich unterschätzt. In der Regel werden sie aus Messing gefertigt, aber man kann es auch "richtig" machen, nämlich aus Kupfer.

 

Seppa sind oval ausgeformt und heben sich gerade von vorn vom Gesamtbild eines gezogenen Katana-Schwertes ab. Auf Taikai oder Prüfungen sieht der Prüfer oder Kampfrichter am seppa sehr genau, ob ein Schnitt schräg oder gerade gesetzt wurde. Sie sind auf jeden Fall mehr als nur ein Lückenfüller, da sie eine wichtige Rolle für das gesamte Schwert spielen. Durch sie werden die Elemente Habaki (Klingenzwinge), Tsuba (Stichblatt) und Fuchi (Angangsstück des Schwertgriffes) verbunden und sie bieten Halt für diese Elemente. Außerdem kommt bei Schwertern häufig vor, dass die einzelnen Elemente nach einer Zeit zu locker sitzen. Das kann über die Seppa reguliert werden, da sie in verschiedenen Dicken gefertigt werden können.Links im Bild der Unterschied zwischen einer gestanzten Seppa (Links) und einer handgemachten Seppa von Thomas Purwin (Rechts)

 

tsuba (von Thomas Purwin)

Zu den Tsuba gibt es viel zu erzählen. Eigentlich als Handschutz konzipiert und seit der Muromachi-Periode eher schlicht gehalten, kam ab der Edo-Zeit der Hang auf, dass die Tsuba prunkvoll sein sollten. Hier scheiden sich die Geister. Tsuba bestehen aus einer Vielzahl von Materialien. Eisen, Stahl, Kupfer, Silber, shíbuichi, sentoku, shakudō, selten aus Leder. Die Formen variieren durchaus von kreisrund über oval und (mokko) mit eingezogenen Ecken. Aber auch asymmetrische, offene Tsuba sind geschaffen worden.

Die Tsuba hat meistens ein Thema, das sich im gesamten Schwert wiederfindet. Pflanzen (Das Chrysanthemen-Motiv z.B ist nur der Kaiserfamilie vorbehalten), Fabelwesen, Dämonen, Landschaften oder Tiere sind oft Thema. Mittlerweile sind Tsuba eine eigene Kunstform geworden und kosten nicht selten 3000 $ oder mehr.

 

Das Thema von Kōri no shinzō ist: Kyokushinkai. Diese Karate - Art hat ein eigenes Logo oder Mon. Es bedeutet:

Die letzte (ultimative) Wahrheit

Das Symbol des Kyokushinkai ist das Kanku-Zeichen. Es ist abgeleitet von der Kanku-Kata (Kanku: "In den Himmel blicken"). In dieser Kata werden die Hände hochgehoben. Daumen und Zeigefinger von linker und rechter Hand bilden dabei einen Kreis, durch den der Himmel betrachtet wird. Die feinen Spitzen bilden die Finger. Sie symbolisieren Endgültigkeit oder den Höchststand. Die dicken Teile bilden die Handgelenke; sie stehen für Kraft. Der Mittelpunkt versinnbildlicht Unendlichkeit, bzw. unendliche Tiefe. Das Kanku Zeichen wird von einem Kreis umschlossen. Er stellt Kontinuität und Kreisbewegung dar. Kyokushin - Karate gehört zu den Vollkontakt-Karate Stilen. Die volle Bedeutung eröffnet sich einem erst nach vielen Jahren beständigen Übens. Der Weg lädt einen ein, seinen Körper und seinen Geist stetig zu trainieren, um sich im Laufe der Zeit zu vervollkommnen. Soll heißen, dass die Kunst des Karate nicht nur aus der Perfektionierung verschiedenster Techniken besteht, die mit dem Körper ausgeführt werden. Vielmehr liegt der höhere Zweck der Übungen darin, durch die körperliche Anstrengung auch die Persönlichkeit weiter zu entwickeln, den Charakter zu formen und zu festigen, ganz im Sinne des Iaidō-Curriculums.

Die frühen Muromachi tsuba waren eher geschlossen, aus Eisen und mit Motiv-Intarsien sehr sparsam ausgestattet. Damals lag die Funktion noch vor der Optik. Die Eisherz-tsuba allerdings ist bewusst sehr offen gehalten. Es soll symbolisieren: Ich habe keine Furcht!

Bilder Copyright by Thomas Purwin

Fuchi / Kashira (Thomas Purwin)

Eigentlich ist die korrekte Schreibweise fuchi / kashira, weil es zwei Komponenten sind. Die fuchi befindet sich zwischen tsuba (und hinterer seppa) und tsuka, dem Griff. Dieser ist aus zwei Holzteilen oder Hälften, traditionell Magnolie, gefertigt. Das hat zum Grund, dass die Klingenangel höchst präzise in den Griff geschnitzt werden muss. Bewegt sich die nakano (Klingenangel) im Griff, wird jedwedes Holz schnell abgetragen und der Griff wird nicht lange überleben. Daher der "Ring" fuchi und das kashira (Endkappe), die den Griff,  neben der same (Rochenhaut) und der Wicklung (ito) fest zusammenhalten.

 

Pfuscherei gibt es immer wieder, siehe Artikel "Restauration". Die fuchi / kashira sind aus Metall. Über die Gestaltung kann man viel schreiben. Ist ein Schwert mit einem Thema behaftet, finden sich hier die Bestandteile wie auf dem Bild wieder. Aber auch schlichte fuchi / kashira haben ihren Reiz, sie bestechen eben durch ihre Schlichtheit und Oberflächenstruktur.

Bilder Copyright by Thomas Purwin

menuki (Thomas Purwin)

Die Menuki sind reine Zierelemente. Nun... fast. Zunächst ist festzu8stellen, dass menuki kleine Meisterwerke sind. Okay... die "echten" aus den Händen der Kunstschmiede sind immer bemerkenswert. Viele "Verkäufer" sind allerdings dazu übergegangen, teure und beliebte menuki zu kopieren und einfach in eine Form zu gießen, um sie massenhaft zu verscherbeln.

 

Es ist unter dem künstlerischen Aspekt sehr unglücklich, dass diese kleinen Kunstwerke zum größten Teil unter der maki verschwinden. Es sei denn, man entschjeidet sich für eine katate - maki (Kampfwicklung) wo das menuki erhaben herausschaut.

 

Manche sagen, dass das menuki dennoch einen Sinn hat. Er erschließt sich aus der Position des menuki. Traditionell ist das vordere menuki auf der gegenüberliegenden Seite der Hände. So lässt sich auch in der Dunkelheit das Schwert ansich richtig positioniert greifen.

 

tsuka (Thomas Purwin)

Als Tsuka (jap. 柄) bezeichnet man den Griff des japanischen Schwertes, dem Katana. Er ist Teil der Koshirae und/oder der Shirasaya. Als shirasaya bezeichnet man im Grunde eine hölzerne Aufbewahrungshülle für die Klinge, da diese beim Transport keine Feuchtigkeit annehmen soll.

Der Griff besteht aus Hartholz, allerdings gibt (gab!) es auch Tsuka aus Elfenbein. Bei den Offizierssäbeln "Gunto" für Unteroffiziere konnte es auch sein, dass aufgrund der massenhaften Produktion lackiertes Metall verwendet wurde.

Eine tsuka besteht als Original aus Magnolienholz (朴の木, Hōnoki), wie auch die saya. Aufgrund der aktuellen Holz-Krise kann  auch anderes Hartholz verwandt werden. Buche, Eiche oder Teak können problemlos verarbeitet werden. Nimmt man allerdings (siehe Artikel: Restauration) weiches Holz, besteht ernsthafte Gefahr. Ist die nakano (Klingenangel) nicht präzise in den Griff gearbeitet, bewegt sich die nakano im Griff und so wird langsam und beinahe unmerklich das Material abgetragen. Die Folge ist, dass schlecht gefertigte tsuka im Laufe der Zeit mehr und mehr veschleißen. Durch die unmerkliche Abtragung bemerkt man das Wackeln der Klinge im Griff nicht immer sofort. Ist zudem die mekugi auch aus Weichholz, besteht die Gefahr, dass die Klinge aus dem Griff springt, was auch schon geschehen ist. Und nebenbei zu schweren Verletzungen führt, auch wenn es "nur" ein Iaito ist.

Wie auf den Bildern zu sehen, besteht das reine Holz aus zwei Hälften. Diese werden mit Kleber zusammengehalten, aber das allein reicht nicht aus. "Einfache" Handhabungen, wie im Bild zu sehen, schnitzen eine Vertiefung ins Holz, um dann einen Streifen same (Rochenhaut) einzukleben. Unter dem Aspekt der Sicherheit werden ernsthafte Arbeiten die tsuka aber immer komplett mit same umwickeln, wie auf den Bildern Schritt für Schritt zu sehen ist. Ein Aspekt des "ernsthaften" Aufbaues ist die "Perle" der Rochenhaut. Diese wird auf der omote-Seite aufgebracht. Ein weiteres Gütesiegel der shinken. Natürlich kann man das weglassen. Bei preiswerten Produkte sucht man die Perle vergebens, denn es lassen sich mehrere Streifen aus einer Rochenhaut schneiden. Verwendet man die Perle, dann eben nur Eine.

Trägt man beim Bau einer tsuka Material ab, ist sorgsam darauf zu achten, dass es nicht zu wenig ist. Man sollte die Dicke der same plus die Dicke der Wicklung (tsukamaki) mit berücksichtigen.

 

tsuka ito (TomBo)

Der traditionelle Tsuka ist meist mit Baumwoll- oder Seidenband gewickelt, aber auch Leder kann als Tsuka–ito verwendet werden. Für eine noch bessere Griffigkeit wird unter jede „Raute“ ein speziell gefaltetes dreieckiges Papierstückchen (Hishi–gami) gelegt. Durch Feuchtigkeit / Handschweiß quillt dieses Papierchen auf und füllt den kleinen Hohlraum unter der Raute im Idealfall komplett aus, erweitert dadurch die Wicklungsspannung und erhöht somit die Griffigkeit. Diese Wicklung Tsuka–maki ist von Same–gawa (鮫皮), Rochenhaut, unterlegt. Die Haut wird mit einer Reispampe als Kleber fixiert.

Für die Wicklung kommen zahlreiche Stile in Frage. Bei Wakizashi und besonders bei Tantō wurde manchmal auf das Tsuka–ito verzichtet. Es gibt verschiedene Arten der Wicklung. Die oben abgebildete Wicklung nennt man "Hineri maki" und ist auf den meisten Schwertern Standard.

 

Abb. rechts:

Katate maki, die "Kampfwicklung". Wörtlich übersetzt aus "Battlewrap". Es ist in keinster Weise überliefert, dass diese Art der Wicklung nur auf Schlachtfeldern benutzt wurde. Wäre auch dumm, vor jedem Gefecht die Wicklung zu erneuern. Meine persönliche Erfahrung ist, dass die Katate maki in der Mitte aufgrund fehlender hishigami dünner ist. Für meine recht großen Hände eher kontraproduktiv.

mekugi

saya

Eigentlich war der Plan, für mein Schwert eine Saya in Weiß zu kreieren. Das bedeutet: Lackieren. Oder: Mit Samegawa (Rochenhaut) beziehen. Oder: Die alte Art, die Saya mit Eierschalen belegen. Das erfordert wochenlange, harte Konzentration. Ich habe begonnen, das zu tun. Natürlich inklusive dem "Mon" meines Spitznamens: Tombo - Libelle.

Es erfordert wirklich viel Arbeit. Und selbst wenn das Belegen der Saya mit Eierschalen fertig ist, bedeutet es mindestens eine achtfache Lackierung mit jeweils endlosen Schleifattacken.

Wir haben uns also entschlossen, die Saya mit Same zu beiziehen. Sie wird, sobald sie fertig ist, beschrieben.

 

shitodome

sageo (von Elmar Plank)

Wenn schon Weiß, dann auch richtig. Das ist immer der Hintergedanke. Mein Kaku-Obi weist ein Wellenmuster auf und man findet auf dem Markt viele Sageo, aber keines, das dem eigenen Anspruch zu 100 % gerecht wird.

Hier bekam ich (wieder einmal) Hilfe von Elmar Plank San aus München. Er beherrscht die Kunst des Kumihimo wie es nur wenige, besonders in Deutschland (außer natürlich seiner lieben Frau Peggy) können und auch wenn er sich beim lesen dieses Textes unwohl fühlt (ich kenne das), so kommt er um dieses Status nicht herum.

 

Natürlich gibt es auf diversen Plattformen und auch auf Wettbewerben immer Leute, die derlei Zubehör anbieten. Man denke nur an Keiji Igarashi, der auf jedem Wettbewerb in Japan zu finden ist, um seine Produkte anzubieten. Aber, und das ist ein großes Aber, es ist und bleibt Massenware, industriell gefertigt. Sageo gibt es von 15,99 $ bis 150 $, alle in verschiedenen Stoffen und Qualitäten, aber keines davon ist auf den Benutzer abgestimmte Handarbeit. Als Elmar San mein erstes Sageo lieferte, war auch dieses Einzigartig. Denn sowohl das Motiv, als als auch die Farbauswahl wurden vorher bis ins Detail geklärt. Heraus kommt kein VW, sondern ein Bolide. Klingt komisch, ist aber so.

Ich schilderte auch ihm mein Anliegen, und nach wenigen Wochen kam dieses wundervolle Sageo dabei heraus.

Haptik, Schönheit, Praktikabilität, hier vereinen sich Handwerkskunst mit brillanter Optik zu einem einzigartigen Sageo. Eines jedoch sollte man niemals verkennen: Saya, Ito, Mekugi und Sageo unterliegen der Abnutzung. Wie bei jedem Gegenstand ist die Balance wichtig: siehe Shitodome. Es ist hahnebüchen, auf ein 85 € - Baumarkt-Iaito ein so hochwertiges Sageo zu knüpfen. Sageo und Schwert sollten sowohl von der Wertigkeit als auch von der Harmonie zueinander passen. Man schraubt ja auch keine 20 Zoll Magnesium Felgen mit Niederquerschnittsreifen auf eine Schubkarre.....

Bilder oben: Copyright by Elmar Plank


Schwerttasche (Angela von der Geest)

Courtesy A.v.d. Geest
Courtesy A.v.d. Geest